Neue Dorf-Chronik offiziell am 17.12.21 vorgestellt

Bürgermeister Ralf-Paul Bittner und der Bezirksausschussvorsitzende Gerd Stodollick erhielten die beiden ersten Exemplare

Bürgermeister Ralf-Paul Bittner, AKO-Sprecher Ludwig Hoppe und Bezirksausschussvorsitzender Gerd Stodollick




Zur offiziellen Vorstellung der neuen Dorf Chronik von J. G. Rüther im Wanderheim des SGV waren drei Nachkommen des Autors, nämlich Ur-Enkel Franz Rüther, der UrUr-Enkel Manfred Rüther, der UrUrUr-Enkel Frank Rüther sowie die Mitarbeiter des AKO erschienen. Leider konnte die Illustratorin Sabrina Coppens aus Köln der Buchvorstellung nicht beiwohnen.
Die Laudatio hielt AKO-Sprecher Ludwig Hoppe.

Nach der Begrüßung der Ehrengäste stellte Ludwig Hoppe das prachtvolle Werk von Georg Rüther und Sabrina Coppens eingehend vor:
107 Jahre hat es gebraucht vom ersten Federstrich – und das ist wörtlich zu nehmen – bis zu diesem Buch. Es ist die wundersame Geschichte von der handgeschriebenen Kladde zum Buch, zur künstlerisch gestalteten Dorfchronik.

Der, der diesen ersten Federstrich 1914 tat, hatte nie – das vermute ich einmal – den Gedanken, dass daraus jemals ein Buch werden würde. Schon gar nicht ein Buch für das ganze Dorf, allenfalls sollten es Aufzeichnungen für die eigene Familie sein.

Nun, es ist ganz anders gekommen. 100 Jahre haben die Aufzeichnungen jenes Schreibers J.G. Rüther in der Schublade gelegen. Wenig beachtet, mal hineingeschaut, aber Gott sei Dank nicht entsorgt, wie es allzu oft durch Nachkommen geschieht. Aber sie wurde auch nicht wirklich gelesen, weil in Sütterlin geschrieben. Bis sein Urenkel Franz herkam, die Schrift erlernte, alles übersetzte und dem Arbeitskreis von dem berichtete, was in der Kladde geschrieben stand.
„So haben unsere Vorfahren im 19. Jahrhundert in den drei Ruhrdörfern gelebt.“, könnte man zusammengefasst sagen. Er, J.G. Rüther, hat in dieser Kladde das ganze Leben beschrieben, das Leben der Dorfbewohner von der Wiege bis zur Bahre, mit allem, was an Freud und Leid, an Arbeit und Sorge, an Komischem und Tragischen, an Alltäglichkeit und Festlichkeit dazwischen liegt.

Er hat mit Sachverstand, reflektierend, auch mal mit Herzblut, meist aber als nüchterner Berichterstatter geschrieben. Vor allem aber ist er authentisch, denn er schreibt aus der Sicht als einer von ihnen, aus der Sicht eines normalen Bewohners der Ruhrdörfer, nicht als gelehrter Geschichtsschreiber, denn er ist nur – wie es an anderer Stelle heißt – ein einfacher Ackersmann, lediglich ausgestattet mit dem Wissen, das er in der Elementarschule zu Rumbeck erworben hatte: Lesen, Schreiben, Rechnen und ganz viel religiöse Bildung.
Für den Stadtteil, besser für das Dorf Oeventrop, ein Schatz. Ein Schatz mit Alleinstellungsmerkmal. Wer darin liest, begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Aber – und das ist bemerkenswert – es werden dem heutigen Leser einige Male auch Gedanken kommen, wie sie damals dem J.G. Rüther beim Schreiben gekommen sind. Reflexionen über den unaufhaltsamen Wandel des Dorfes, den Wandel der Lebensumstände, den Fortschritt und seine manchmal fragwürdigen Folgen. Der Leser findet aber auch eine große Zuversicht in kommende Zeiten.

So schreibt er im Kapitel DAMALS UND JETZT:

„Wenn man über den Fortgang der Erfindungen und deren Werke, die in den letzten 70 Jahren gemacht wurden, nachdenkt, so kommt einem der Gedanke: „Wie wird es aussehen in 70 Jahren?“ Wie es in der vergangenen Zeit in allem fortgeschritten ist, so wird auch in ferneren Zeiten die Wissenschaft noch vollkommener werden und neue Erfindungen und neue Werke schaffen. So wird man auch dann von dieser Zeit 1910 reden, wie wir sprechen von der 1830er Zeit. …Die Wissenschaft hat nie einen Stillstand gemacht, sondern ist von jeher vorangeschritten und wird voranschreiten bis zum Ende der Zeit.“

Ein wirklich kluger, vorausdenkender Mann, der in seiner Chronik nicht dem „früher war alles besser“ verfällt, sondern der auch einen kritischen, aber vertrauensvollen Blick nach morgen und übermorgen tut.

Angesichts der rasant fortschreitenden Erkenntnisse in den Wissenschaften in unseren Zeiten und den daraus resultierenden praktischen Anwendungen stellen auch wir uns oft die gleiche Frage: „Wie wird die Welt in 50 oder gar in 100 Jahren aussehen?“ Und manch einer blickt durchaus nachdenklich und weniger optimistisch auf die Welt von morgen.

Verlassen wir jetzt einmal den Autor und wenden uns der Illustratorin zu.

Dieses Buch in Händen haltend muss ich noch von einem zweiten Schatz sprechen. Von der Bebilderung, der Illustration, den kunstvollen Zeichnungen der Illustratorin Sabrina Coppens.

Ich tu mich schwer, den richtigen Begriff zu finden. Es sind nicht nur einfach Bilder zum Text. Es sind Zeichnungen, mit feinem Federstrich aufs Papier gebracht. Sie sind scheinbar flüchtig skizziert. Sparsam aquarelliert. Sie eröffnen einen zweiten Blick auf die in der Chronik beschriebenen Zeit. Sie sind im Zusammenhang gesehen eine zweite Chronik – eine Chronik in Bildern. Die Zeichnungen bilden den Text nicht einfach ab, sondern geben ihm eine neue „Tiefenschärfe“, Bedeutsames wird pointiert, manches wird neu interpretiert, manches wird humorvoll karikiert.

Beim flüchtigen Durchblättern des Buches ziehen die Bilder den Betrachter gleichsam in den Text, sie fordern ihn auf, darin zu lesen. Der Betrachter will wissen, was hinter den Bildern geschrieben steht.

Es ist ein Buch für den erwachsenen Leser, aber auch für Kinder. Oft wird es heißen: „Papa, Mama, Oma, Opa, warum gehen die Leute mit hochgehaltenen Kleidern durchs Wasser?“ und „Wer sitzt da in dem Boot? Ist das überhaupt ein richtiges Boot, für drei Leute ist es doch viel zu klein?“ oder „Was machen die Frauen mit den Gänsen?“ oder „Was ist mit dem Messer und dem Grabstein? Ist da was Schlimmes passiert?“ oder „Warum schlägt der Mann in den bunten Kleidern der Frau mit der Klatsche auf den Hintern?“

Und schon sind Eltern oder Großeltern über die Bilder mitten im Gespräch mit ihren Kindern oder Enkelkindern über das frühere Leben in den Ruhrdörfern, und gemeinsam lesen sie im Text.

Somit ist die Illustratorin Sabrina Coppens mit ihren Zeichnungen ein Glücksfall.

Zusammengefasst:

Dieses Buch ist einmal eine geschriebene Chronik und ebenso ein kunstvoller Bilderbogen. Auf den Punkt gebracht: sie ist ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk. Das gibt dieser Chronik ein weiteres Mal ein Alleinstellungsmerkmal.
Bleibt mir zum Schluss nur zu sagen: Großer Dank an alle, die daran beteiligt waren. Und viel Freude beim Durchblättern und Lesen.

Ludwig Hoppe
 
Zu den Ehrengästen zählten auch die Rüther-Nachkommen: UrUrUr-Enkel Frank Rüther, UrUr-Enkel Manfred Rüther und Ur-Enkel Franz Rüther. Letzterer hatte die in Sütterlin-Handschriftz verfaßte Ur-Chronik ins heutige Schriftdeutsch in mühseliger Kleinarbeit übertragen. Ohne sein Wirken wäre dieses wunderbare Buch, das IN JEDEN OEVENTROPER HAUSHALT GEHÖRT, nicht möglich gewesen. Franz Rüther gilt ein ganz besonderer Dank!
Laudator Ludwig Hoppe
Franz-Rüther, Bürgermeister Ralf-Paul Bittner, Gerd Stodollik und Frank Albrecht (städt. Presse)
Elke Rüther (Ehefrau von Franz), Günter Rössiger, Albert Schlupp vom AKO, Frau Rüther und ihr Mann Manfred sowie die SGV-Vorsitzende Dorothea Schulte-Schönfelder.

Laudatio: Ludwig Hoppe
Text und Bilder : Franz-Josef Molitor

Alle Bilder das AKO finden Sie hier:

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